Michelstadt, 28.05.2020: Eine Angehörige berichtet am Telefon der Fachstelle Demenz: „Jedes Mal muss ich meinem Ehemann erklären, dass alle jetzt beim Einkaufen einen Mundschutz tragen müssen. Er geht gerne einkaufen, das war für uns immer eine schöne Abwechslung im Alltag. Im Moment finde ich es sehr nervig die Mundschutzpflicht immer wieder zu erklären und beim Einkaufen auf die vorgegebenen Abstände zu achten. Als ich dann alleine zum Einkaufen gefahren bin hat er gesagt: „Du möchtest mich nicht mehr dabeihaben!“ Das hat mich sehr verletzt.“
Dieser Anruf ist typisch für die Situation von Angehörigen in der Corona-Krise. Hauptmerkmal der Erkrankung Demenz ist die Vergesslichkeit, dadurch müssen die Angehörigen immer wieder dieselben Sachverhalte erklären. Für Menschen mit Demenz sind die Einschränkungen und Hygiene regeln schwer verständlich. Sie sind verunsichert, vertraute Menschen kommen nicht mehr zum Besuch oder alle Menschen tragen einen Mundschutz. Ein Händeschütteln ist nicht mehr möglich, dass verunsichert die Erkrankten. Auch wenn es oft und geduldig erklärt wird warum es gemacht wird, verstehen demenziell erkrankte Menschen, durch die Veränderungen im Gehirn, es nicht mehr. Sie ziehen sich zurück oder werden, gerade gegenüber den vertrauerten Angehörigen, aggressiv.
Die Entlastungsangebote für Menschen mit Demenz, wie die Tagespflege oder Betreuungsgruppen, sind geschlossen. Die Kontakte zu vertrauten Personen sind durch die Einschränkungen reduziert. Die Angehörigen leisten zu Hause eine 24-Stunden-Betreuung, da die Angebote zur Entlastung wegfallen. Wann sie wieder aufmachen ist noch unklar, denn die demenziell erkrankten Menschen gehören häufig zur Corona-Risikogruppe.
Für die Betreuung von demenziell erkrankten Menschen zu Hause ist es wichtig an bestehende Routinen und Abläufe festzuhalten, um den erkrankten Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln. Wenn andere Angehörige mit im Haushalt leben, ist es hilfreich und entlastend, wenn sie die Betreuung übernehmen, damit die Hauptpflegeperson Zeit für sich hat.
Zur Information, Beratung und für Entlastungsgespräche ist die Fachstelle Demenz vom Diakonischen Werk Odenwald telefonisch unter 060619650117 oder -120 erreichbar. Außerdem besteht die Möglichkeit von Video unterstützten Gesprächen. Im Notfall ist – unter Einhaltung des Hygienekonzepts und mit telefonischer Anmeldung – auch ein Besuch in der Beratungsstelle oder bei Betroffenen möglich. Die Fachstelle Demenz wird finanziert durch die Pflegekassen und den Odenwaldkreis sowie durch Spenden und Kollekten.
Zum Pressefoto: Das beigefügte Foto ist von Ralf Binder. Es zeigt die Dipl.-Pflegewirtin Elke Boss von der Fachstelle Demenz im Diakonischen Werk Odenwald. Sie ist mit der Veröffentlichung einverstanden.