Rollstuhlerkundung in Bad König

Mit Bürgermeister Hofferberth im Rollstuhl unterwegs

Aktion zum Protesttag am 5. Mai 2025 in Bad König

Bad König, 5. Mai 2025: Jedes Jahr am 5. Mai findet der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung statt. Aus diesem Anlass hatte der Behindertenclub Odenwald e.V. (BCO) am vergangenen Samstag in Bad König zu einer Erkundung der Kommune mit dem Rollstuhl eingeladen. Bürgermeister Frank Hofferberth und Stadtrat Bernd Gottschalk nahmen die Herausforderung an und rollten mit den BCO-Mitgliedern durch ihre Stadt, um Behinderungen durch Barrieren aufzuspüren.

Zehn BCO Mitglieder waren gekommen, darunter drei Rollstuhlfahrer und die Rollstuhltrainerin und Vorsitzende des BCO, Elfi Kissinger. Markus Zwicknagl und Udo Heckmann hatten Rollstühle mitgebracht, die den „Fußgängern“ zur Verfügung gestellt wurden, damit sie die Perspektive wechseln und selber erfahren konnten, wie vermeintlich kleine Barrieren zum großen Hindernis werden können. Zwicknagl, der im Verein für Reha- und Gesundheitssport in Höchst sehr aktiv ist, führte mit seinem „Aktivrollstuhl“ die Gruppe an. Begleitet wurde die Gruppe von dem Fotografen Bernd Wittelsbach.

Los ging es am Schlossplatz, vorbei an der Therme bis zum Kurpark und zurück über die Bahnhofstraße zur Rentmeisterei wo im Anschluss ein Austausch über die Erfahrungen folgte. Unterwegs gab es viele kleine und größere Barrieren zu überwinden. „Bad König ist die Kommune mit den wenigsten Bordsteinabsenkungen“, war das Fazit von Zwicknagl. Und Bürgermeister Hofferbert machte die Erfahrung: „Ein Gullideckel, der einen Zentimeter zu hoch ist, ist ein Hindernis“.

Immer wieder stehen oder hängen Mülleimer auf dem Bürgersteig und versperren den Weg. Eine eigentlich sehr gut ausgestattete Behindertentoilette war nicht nutzbar, da der Betreiber offenbar nicht verstanden hatte, dass links und rechts vom WC Platz sein muss, um vom Rollstuhl auf den WC-Sitz zu wechseln. Dieser Platz war als Lager für Toilettenpapier und Reinigungsmaterial genutzt und vollgestellt worden. Dies sind einige der Erfahrungen der Gruppe. Die Liste mit Beanstandungen bzw. Verbesserungsvorschlägen enthält 20 Punkte.

In der Auswertungsrunde in der Rentmeisterei war auch für Bürgermeister Hofferbert klar: „Es geht vor allem um Sensibilisierung.“ Viele Hindernisse entstehen durch Gedankenlosigkeit oder Unwissenheit. Hier kann nachgeholfen werden. Für Uwe Olt, der mit einem Elektrorollstuhl unterwegs ist, ist allerdings das grobe Kopfsteinpflaster das größte Problem. „Wir können nicht die Stadt abreißen und neu aufbauen,“ sagte Zwicknagl. „Aber da, wo durch kleine Veränderungen viel erreicht werden kann, müssen alle aktiv werden. Und es gibt Städte, die besser berollbare Pfade im Kopfsteinpflaster angelegt haben.“

Nicht nur physische Barrieren sind ein Problem. Kissinger berichtete von jungen behinderten Menschen aus dem Odenwald, die trotz abgeschlossener Ausbildung keinen Arbeitsplatz finden und Diakonieleiterin Bärbel Simon bestätigte, dass laut bundesweitem Integrationsmonitor die Bereitschaft der Betriebe zur Einstellung von behinderten Menschen gesunken sei. Sie wies auf die Möglichkeiten der Integrationsfachdienste hin, die für schwerbehinderte Arbeitnehmer zuständig sind und auch dann helfen können, wenn jemand im Laufe des Erwerbslebens eine Behinderung erwirbt und Hilfe braucht, beim Erhalt des Arbeitsplatzes. Arbeitgeber, die einen schwerbehinderten Menschen einstellen, können finanzielle Zuschüsse oder technische Hilfen erhalten (Kontakt: www.ifd-odenwald.de).

Der BCO besucht jedes Jahr eine Kommune im Odenwaldkreis und nennt die Aktion „Ausgebremst!?“, weil viele Menschen sagen: „Man ist nicht behindert, man wird behindert“. Warum das so ist, konnte man an den vielen Beispielen in Bad König erkennen.

Logo der Aktion Mensch

Das diesjährige Motto für den Protesttag am 5. Mai 2025 lautet #WirSind10Millionen. Er soll verdeutlichen, dass Diskriminierungserfahrungen und Behinderung durch mangelnde Barrierefreiheit keine Einzelfälle sind. Laut Mikrozensus 2021 leben in Deutschland allein in Privathaushalten 10,3 Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten Behinderung. Die allermeisten von ihnen haben bereits Ausgrenzung erlebt, weil Deutschland zu wenig inklusiv ist. Die Veranstaltung wurde von der Aktion Mensch gefördert. Mehr zum Thema: https://www.aktion-mensch.de

Kontakt und Informationen zum  Behindertenclub Odenwald e.V.:  Elfi Kissinger, elfi.kissinger@web.de, Tel. 06163-2113 oder Anja Pinkert, 06061 9650117 Email: bco.odenwald@regionale-diakonie.de

 

Interessante Adressen für behinderte Menschen oder Menschen, denen das Thema Inklusion am Herzen liegt:

BCO: http://behindertenclub-odenwald.de

Behindertenbeirat: http://www.behindertenbeirat-odenwaldkreis.de/

Regionale Diakonie: https://www.diakonie-odenwald.de/

EUTB: hhttps://www.eutb-bergstrasse.de/

Integrationsfachdienst: http://www.ifd-odenwald.de

 

Zu den Fotos:
Sie zeigen Mitglieder des Behindertenclub Odenwald e.V. sowie den Bad Königer Bürgermeister Frank Hofferbert und Stadtrat Bernd Gottschalk bei der Erkundung der Kommune in Bezug auf Barrierefreiheit. Die Fotos sind  von Bernd Wittelsbach und dürfen nur mit dessen Genehmigung weiterverwendet werden. Die abgebildeten Personen sind mit der Veröffentlichung einverstanden.

Eine Gruppe von 5 Männern im Rollstuhl sowie 4 dahinter stehenden Frauen und 3 Männern

Zwei Männer im Rollstuhl, ein Mann schiebt und zwei Rollstühle werden von 2 Frauen und einem Mann geschoben

 

Zwei Männer im Rollstuhl und drei Frauen stehen daneben

 

Drei Männer im Rollstuhl fahren durch eine Straße

 

Zwei Männer und eine Frau im Rollstuhl, die von einem Mann geschoben wird. Dahinter ein Frau und ein Mann

 

Zwei Männer und eine Frau im Rollstuhl, dahinter stehen zwei Frauen und zwei Männer

 

Zwei Männer und eine Frau im Rollstuhl, dahinter stehen zwei Frauen und zwei Männer

 

Drei Männer und eine Frau im Rollstuhl an einer Straße, dahinter stehen zwei Männer und eine Frau

 

Zwei Männer im Rollstuhl fahren auf einer Straße

 

Vier Männer im Rollstuhl fahren auf einer Straße, in der Mitte läuft eine Frau

 

Eine Gruppe von vier Rollstuhlfahrern und vier Männer und vier Frauen laufen mit

 

Zwei Rollstuhlfahrer, einer davon hält sich am Geländer fest. Zwei Frauen und zwei Männer laufen dahinter.