Vom Umgang mit Kriegserinnerungen

Was Menschen bewegt …

Die Fachstelle Demenz im Diakonischen Werk Odenwald bietet Beratung an und „Miteinandergruppen“ für Senioren an verschiedenen Orten im Kreisgebiet, außerdem einen Gesprächskreis für Angehörige. Die Themen, die die Menschen dort bewegen, beschäftigen auch viele andere. Der Krieg in der Ukraine ist erschreckend und bedrohlich.  Wer hätte gedacht, dass ein Krieg so schnell so nahe rückt und Bilder und Berichte von Zerstörung, Not und Flucht plötzlich Teil unseres Lebens sind? Die Bilder in den Nachrichten wecken Erinnerungen an schlimme Zeiten. Was für Jüngere unfassbar ist, haben heutige Senioren schon erlebt. Krieg hinterlässt Spuren. Trümmer in den Städten und Narben in den Seelen.

Wie soll man mit den Gefühlen von Angst und Verunsicherung umgehen, die das in uns Menschen auslöst? Was passiert, wenn bei älteren Menschen Kriegstraumata reaktiviert werden?

Da wo ein Redebedarf besteht, wo ein Gespräch über das Kriegsgeschehen von den Menschen angestoßen wird, ist die Antwort einfach. Wenn wir uns das zutrauen, sollten wir darauf eingehen. Zuhören, Raum geben, auch schwierige Gefühle unserer Gesprächspartner aushalten. Nicht ablenken und das Thema ignorieren. Das Thema zulassen, über den Krieg und seinen Schrecken reden. Da geht es nicht um Politik und Verantwortung, sondern um das, was die Bilder mit uns machen, um das Menschliche.

Was ist das Besondere für Menschen mit Demenz?

Demenz ist nicht gleich Demenz und das, was die Menschen aus ihrer Umwelt an Informationen aufnehmen, kann ganz unterschiedlich sein. Die Ukraine ist nah. Bis jetzt ist der Krieg aber nicht in Deutschland. Wenn Menschen mit Demenz Informationen über den Krieg aufschnappen, die Angst und Bedrohung in ihnen auslösen, kann man Ihnen teilweise mit der Information helfen, dass der Krieg in der Ukraine ist. Für sie ist das vielleicht weiter weg als der Krieg, in dem sie sich gedanklich wieder befinden. Dabei geht es nicht darum, die Menschen zu belehren oder ihnen zu widersprechen. Spüren Sie genau hin. Der Satz “Wir sind hier in Sicherheit”, kann auch eine gute Möglichkeit sein, wenn die Sachinformation nicht mehr auf- oder angenommen werden können. Nicht lügen, bei Bedarf einfach verständliche Informationen geben und Gefühle ernst nehmen, aushalten, zulassen. Gucken, was den Menschen in der aktuellen Situation Sicherheit gibt.

Vielleicht ist es möglich, die beängstigenden Bilder im Fernsehen zu vermeiden? Wenn Situationen auftreten, in denen das Verhalten von Menschen mit Demenz irrational und herausfordernd ist, kann es hilfreich sein, daran zu denken, dass die Reaktion aus der Erinnerung an schlimme Erlebnisse heraus erfolgt. Hier ist es wichtig, auf die Gefühle einzugehen und nicht auf das scheinbar unlogische oder unvernünftige Verhalten. Das Nervensystem hat seine eigene Logik, und Vergangenheit und Gegenwart lassen sich manchmal nicht mehr unterscheiden.

 

Informationen über die Fachstelle Demenz erfahren Sie hier.

Informationen zur Hilfe für die Menschen in der Ukraine/aus der Ukraine finden Sie hier.