Michelstadt, den 11.07.2018: Laut Statistik haben in der Bundesrepublik Deutschland 7,8 Millionen Menschen einen Schwerbehindertenausweis. Das heißt, dass bei Ihnen eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wurde. Umgerechnet auf den Odenwaldkreis wären das acht bis neuntausend Personen. Zählt man diejenigen dazu, die einen geringeren GdB aufweisen oder trotz Behinderung keinen Ausweis beantragt haben, handelt es sich um einen nicht geringen Anteil an der Gesamtbevölkerung. Dieser steigt stetig an.
Dem steigenden Bedarf an Beratung und Unterstützung für diesen Personenkreis soll nun vermehrt Rechnung getragen werden. Im Rahmen der Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention hat der Gesetzgeber das neue Beratungsangebot der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) geschaffen.
Die Trägerschaft im Odenwaldkreis liegt beim regionalen Diakonischen Werk Odenwald (DWO) mit Sitz in Michelstadt. Dies verfügt über eine jahrzehntelange Erfahrung auf mehreren Gebieten, wenn es sich um Menschen mit körperlicher oder psychischer Einschränkung oder Erkrankung handelt. DWO-Leiterin Bärbel Simon sieht in dem neuen Angebot, das im Mai für die Laufzeit von mindestens drei Jahren an den Start gegangen ist, eine sinnvolle Ergänzung der bestehenden Beratungs- und Betreuungsdienste. Sie hat seit Jahren eine spezialisierte Beratungsstelle vermisst. „Immer wieder kamen Menschen in unsere Allgemeine Lebensberatung und hatten Fragen im Zusammenhang mit Behinderungen.“
Annelie Tauchmann, die neue Mitarbeiterin in der EUTB ist Diplom-Sozialarbeiterin. 28 Wochenstunden stehen ihr für die Aufgabe zur Verfügung. Neben dem Beratungsangebot in den Räumen des DWO in der Bahnhofstraße 38 in Michelstadt soll es ab August auch eine Außensprechstunde in Oberzent geben.
Die Förderrichtlinien des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales stellen im Sinne der Umsetzung der UN Behindertenkonvention explizit darauf ab, dass die Beratung möglichst von Betroffenen für Betroffene erfolgt. Diese Methode wird Peer-Counseling genannt. „Aus meiner eigenen Betroffenheit heraus kann ich noch sensibler beraten und kenne aus eigener Erfahrung die Fallstricke im System“, erklärt die junge Frau. Beim Peer-Counseling komme es nicht auf die spezifische Behinderung an, sondern z.B. auf gemeinsame Diskriminierungserfahrungen. Ihre Behinderung sehe man den meisten Betroffenen im Übrigen nicht an, berichtet Simon. Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes wiesen aus, dass nur in drei Prozent der Fälle die Behinderung angeboren sei. Bei nur einem Prozent der Betroffenen sei die Behinderung durch einen Unfall verursacht worden, aber in 88% durch Krankheit. Die Betroffenen möchten in der Regel nicht, dass Details über Ihre Krankheit bekannt werden. Über Tabus zu sprechen, die sich durch eine Behinderung ergeben, werde eine der spannenden Herausforderungen sein, meint Simon. „Wir freuen uns auf viele Rückfragen dazu und laden Neugierige gerne zum Gespräch ein.“
Das neue Angebot ist keineswegs als Ersatz oder in Konkurrenz zu bestehenden Beratungsdiensten im Landkreis gedacht. Es dient der Ergänzung und erstreckt sich auf alle Rehabilitations- und Teilhabeleistungen nach den Sozialgesetzbüchern. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fördert eine von Leistungsträgern und Leistungserbringern unabhängige ergänzende Beratung als niedrigschwelliges Angebot, mit dem Ziel, die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Menschen zu stärken. Die Beratung ist ausschließlich den Interessen des Ratsuchenden verpflichtet.
„Meinen Auftrag verstehe ich in einer Lotsenfunktion“, unterstreicht Annelie Tauchmann. Es geht vorrangig darum, Ratsuchende über Zuständigkeiten zu informieren sowie Ihnen ihre Möglichkeiten der bestmöglichen Teilnahme an allen Bereichen des Lebens aufzuzeigen. Bei Bedarf kann in jedem Einzelfall zur genau richtigen Stelle weitervermittelt werden.
Kontakt und Informationen:
Unterstützung und Beratung für Menschen mit Behinderungen, von Behinderung bedrohte Menschen und deren Angehörige.
Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) Odenwaldkreis
In Trägerschaft des Diakonischen Werkes Odenwald
Bahnhofstr. 38
64720 Michelstadt
Auskunft und Terminvereinbarung:
Annelie Tauchmann, Tel: 016091806985,
EUTB.tauchmann@dw-odw.de, www.eutb-odenwaldkreis.de
Montag bis Donnerstag von 9:00 bis 16:30 Uhr.