Die Ansammlung von Rollstühlen im verregneten Fränkisch-Crumbach am vergangenen Samstag war auffällig – und hatte einen Grund: der Behindertenclub Odenwald hatte dazu eingeladen, den historischen Ortskern auf seine Barrierefreiheit zu überprüfen und einige zentrale Punkte mit Rollstühlen und Rollatoren zu befahren. Auch Bürgermeister Engels konnte sich aus ungewohnter Perspektive einen Eindruck verschaffen, den er als „beeindruckend und augenöffnend“ beschreibt. Am eindrucksvollsten war wohl die Behindertentoilette am Rathaus, die vorbildlich ausgestattet ist – aber deren Tür im Praxistest leider nur unter größten Schwierigkeiten zu öffnen ist. Auch die gut gedachten niedrigen Bordsteinkanten am Zebrastreifen sind für Rollstuhlfahrer schwer zu überwinden, noch dazu, wenn sich das Vorderrad im Gullideckel festklemmt. An der Bushaltestelle bei der Volksbank erweist sich der Abfalleimer als Behinderung auf dem Bürgersteig.
Generell ging es bei der Aktion vor allem darum, dem Anspruch der Teilhabe am öffentlichen Leben auch für Menschen mit einer Schwerbehinderung zu erleichtern und konstruktiv nach Verbesserungs- und Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Statistisch haben 10% der Menschen eine Schwerbehinderung, nicht alle sitzen im Rollstuhl. Deshalb muss Inklusion, d.h., die Absicht, dass jeder Mensch ganz natürlich dazugehört und alles mitmachen kann, was er möchte, auch noch weitergedacht werden und auch Menschen mit Behinderungen der Sinne oder auch der Psyche oder mit Orientierungsschwierigkeiten in den Blick genommen werden. Wichtig ist z.B. auch eine gut erkennbare Beschilderung. Und: was immer hilft: Kommunikation! Auf der einen Seite ist es kein Makel, um Hilfe zu bitten, auf der anderen Seite ist Hilfsbereitschaft zweifellos eine Tugend, die aber nicht immer gewünscht wird. Auch hier ist es wichtig, erst zu fragen, bevor man hilft.
Die Aktion „ausgebremst?!“ tourt seit 6 Jahren durch den Odenwaldkreis und besucht Gemeinden, um das Gespräch zu suchen und die Lebenssituation für Menschen mit Behinderung zu verbessern. Warum „Ausgebremst!?“ Weil viele Menschen mit Behinderung sagen, „Behindert ist man nicht, behindert wird man“. Die Beispiele konnten wir uns ansehen.
Der Behindertenclub ist ein Selbsthilfeverein mit ca. 50 Mitgliedern, der sich monatlich trifft und auch gerne neue Mitglieder aufnimmt. Mehr: www.behindertenclub-odenwald.de