„Politik auf dem Rücken der Kinder“ – Gewerkschaft kritisiert „massiven Rückschritt“ bei der frühkindlichen Förderung

 

07.03.13 SANDBACH / UNTERZENT. Im vollbesetzten Kulturraum der Heinrich-Böhm-Halle in Sandbach informierte Wolfgang Günther, Gewerkschaftssekretär von ver.di Südhessen, über die Auswirkungen des Gesetzentwurfes von CDU und FDP zur Änderung des Hessischen Kinder- und Jugendförderungsgesetzes. Mehr als 80 Erzieherinnen und Kindergarteneltern sowie die Bürgermeister der Stadt Breuberg und der Gemeinde Höchst, Frank Matiaske und Horst Bitsch, waren der Einladung von DGB, ver.di und GEW gefolgt.

 

„Als massiven Rückschritt“ kritisiert Wolfgang Günther den Gesetzentwurf: „Entgegen allen Sonntagsreden von der Wichtigkeit des Ausbaus frühkindlicher Förderung betreibt Schwarzgelb eine rückwärtsgewandte Politik auf dem Rücken der Kinder“. Der Gesetzentwurf der Regierungskoalition sieht vor, dass die Gruppen in Kindergarten und Hort statt wie bisher mit 15 bis maximal 25 Kindern künftig mit 25 Kindern belegt werden müssen, um die Landesförderung in der bisherigen Höhe zu erhalten. Nur bei einer Gruppengröße von 25 Kindern bleiben der jetzige Fachkraftschlüssel und die Landesförderung in der bisherigen Höhe erhalten: „Besonders im ländlichen Raum sind aufgrund des Geburtenrückgangs Gruppengrößen von 25 Kindern nicht immer erreichbar – und aus pädagogischer Sicht auch gar nicht wünschenswert. Kleinere Gemeinden mit ein- oder zweigruppigen Einrichtungen bekommen dann schnell Probleme bei der Finanzierung ihrer Einrichtung, was letztlich zu weiter steigenden Kindergartengebühren zu Lasten der Eltern führt oder gar die Existenz der Einrichtung bedroht“, so der Gewerkschafter Wolfgang Günther. Auch bei Kindern unter drei Jahren wird die Gruppenobergrenze angehoben. Die Qualität der pädagogischen Arbeit und die individuelle Förderung von Kindern werden durch die Anhebung der Gruppengrößen massiv verschlechtert. Vor allem für Kinder mit besonderem Förderbedarf steht deutlich weniger Zeit zur Verfügung.

 

Zudem wird künftig nur noch eine maximale wöchentliche Öffnungszeit von 42,5 Stunden bezuschusst, also beispielsweise täglich von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr. Die Ausgestaltung von bedarfsgerechten Öffnungszeiten wird nicht gefördert, die Bedarfe von Eltern zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden nicht berücksichtigt. Scharf kritisierten Wolfgang Günther und die anwesenden Erzieherinnen und Kindergarteneltern, dass bei den erforderlichen Fachkraftstunden künftig bis zu 20 Prozent fachfremde Laien eingerechnet werden können: „Damit kann der Anspruch auf Bildung, Erziehung und Betreuung in der frühkindlichen Entwicklungsphase nicht aufrecht erhalten werden. Die Zulassung von fachfremdem Personal führt zudem zu einer Entprofessionalisierung der Arbeit in den Kindertagesstätten. Die fünfjährige Ausbildung und die gute Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher werden durch den vorliegenden Gesetzentwurf massiv abgewertet. Hier wird Qualität mit Füßen getreten“, betonen DGB-Ortsverbandsvorsitzender Gerhard Jablonski, DGB-Vorstandsmitglied Hannelore Kabel, ver.di-Kreisvorsitzender Heinz Heilmann, die GEW-Kreisvorsitzende Angelika Lerch und DGB-Regionssekretär Horst Raupp. Angesichts der hohen fachlichen Anforderungen an das Personal in der frühkindlichen Bildung fordern die Gewerkschafter/innen seit Langem eine Aufwertung des Erzieher/innen/berufs, in der sich eine höhere soziale und gesellschaftliche Anerkennung des weiblich dominierten Berufszweiges verbunden mit höheren Löhnen ausdrücken muss.

 

Horst Raupp

Regionssekretär

Quelle: Deutscher
Gewerkschaftsbund

Region Südhessen