Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen, zu Gast im Odenwald
Auf seiner Rundreise zu verschiedenen regionalen Diakonischen Werken im Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau besuchte der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Hessen, Carsten Tag, das Diakonische Werk Odenwald (DWO). Er hatte sein Amt im März 2020 angetreten und konnte erst jetzt, Corona bedingt, die in Trägerschaft der Diakonie Hessen befindlichen Werke besuchen.
Das Treffen fand unter Hygienevorschriften der Corona-Einschränkungen im kleinen Rahmen statt. Für Diakonie-Leiterin Bärbel Simon dennoch ein willkommener Anlass, um darzustellen, wie das Diakonische Werk gerade in den vergangenen Monaten seine Angebote ausgebaut und angepasst hat um in der Krise zu helfen.
Zu den Anpassungen gehört wie überall, dass Videokonferenzen eingesetzt wurden, wo immer das möglich war.
„Wir haben alle unsere Beratungsangebote, wenn auch in veränderter Form, über die gesamte Corona-Krise aufrechterhalten und sogar ausweiten können“, erläuterte die Leiterin des DWO, Bärbel Simon. „Die Gruppenangebote haben gefehlt, aber die Beratungsstatistik zeigt, dass es mehr Beratungsgespräche gab, als in den gleichen Monaten der Vorjahre. Der überwiegende Teil dieser Beratungen erfolgte aber am Telefon oder in Videochats,“ so Simon. Einige Dinge, wie zum Beispiel gelegentliche Videokonferenzen oder Weiterbildungen über Seminare per Internet, will sie unbedingt beibehalten. Auch „Walk and Talk“, entlastende Gespräche beispielsweise mit Klienten aus dem Betreuten Wohnen, haben sich bewährt.
Carsten Tag sagte zur Arbeit der Mitarbeiter*innen: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten in der Corona-Krise unter erschwerten Bedingungen eine hervorragende Arbeit. Dafür möchte ich ausdrücklich Danke sagen. Und ich habe wahrgenommen, wie professionell das Diakonische Werk aufgestellt ist. Das hat mich sehr beeindruckt“.
Hintergrund: Beispiele für die Arbeit in Corona-Zeiten
Krisenmanagement in jungen Familien
Cornelia Fingerloos aus der Beratungsstelle für Schwangerschaft, Familie und Sexualität weiß, was die schwere Zeit gerade für junge Familien bedeutet. „Es kriselt deutlich mehr“ betont sie. „So finden Geburten unter den Maßnahmeregelungen von Corona statt. Dies hat zur Folge, dass es mehr zu postnatalen Krisen kommt. Viele Familien leben beengt in kleinen Wohnungen und rund 70 Prozent der Familienväter sind in Kurzarbeit. Keine Schule, kein Kindergarten, oft kein häuslicher Garten, als dies hat zu großen familiären Konflikten geführt,“ so die Beraterin. Punktuell musste auch zur Deeskalation eingeschritten werden. So musste beispielsweise ein Familienvater polizeilich für ein Wochenende aus der Wohnung verbannt werden, um Mutter und Kind zu schützen. In einem anderen Fall wurde eine Frau zum Schutz ins Frauenhaus gebracht. „Obwohl über einen längeren Zeitraum niemand mehr einfach direkt in die Beratungsstelle kommen konnte, ist der Bedarf wie der Kontakt zu den Klienten viel intensiver geworden“, berichtet Fingerloos. Die telefonische Kontaktaufnahme wird rege in Anspruch genommen, kein Gespräch bleibt unter 20 bis 30 Minuten. „Face-to-Face“ war und ist immer möglich, allerdings mit Terminabsprachen und unter den geltenden Hygienevorschriften. Aufgerüstet hat das DWO mit Trennschreiben in den Beratungsräumen sowie weiteren Hygienemaßnahmen. Notfällen steht stets ein Bereitschaftsdienst zur Verfügung. Inzwischen gehören persönliche Beratungsfälle wieder zum Standard.
Isolation und Demenz
Aus der Fachstelle Demenz berichtete Elke Boß. Der direkte Kontakt zu an Demenz Erkrankten und ihren Angehörigen spielte im Wirkungsbereich bisher immer eine große Rolle. Ein fünfköpfiges Team sorgte für die Alltagsbegleitung von Betroffenen und ihren Familien, bot Auszeiten und Freizeitangebot, daneben standen regelmäßige Fachvorträge an. Jetzt muss auch hier vieles telefonisch geregelt werden. „Die Isolation trifft besonders die Angehörigen sehr hart“, betont sie. Auch hier bleiben häusliche Konflikte nicht aus. „Manchmal ist es alleine schon die große Hürde, einen Demenzkranken zur Maske zu bewegen, um überhaupt zum Einkauf, zum Arzt oder ähnlichem mit ihr oder ihm zu kommen.“
Lange ausschließlich auf Telefonkontakte begrenzen ließ sich die Arbeit von Elke Boß mit ihrem Team nicht. Seit gut eineinhalb Monaten finden daher unter gegebenen Hygiene-Maßnahmen wieder Hausbesuche statt. Und seit Anfang Juli öffnete auch wieder der für viele Angehörige so notwendige Gesprächskreis, wenn auch noch unter begrenzter Zahl mit Anmeldung. „Menschen, die Angehörige pflegen, haben es in dieser Zeit sehr schwer,“ sagt Boß. Sie freut sich, dass auch das betreute Gruppenangebot für Senioren „Miteinander“ ab August wieder startet.
Bei Sprachproblemen persönliche Beratung
Welche Probleme Menschen haben, die um ihre Bleibeperspektive in Deutschland fürchten und Papiere für den Aufenthalt brauchen, berichtete Sozialarbeiter Aristide Sambou im persönlichen Gespräch. Er erzählte, dass es auch während des Lockdowns möglich war, in dringenden Fällen persönliche Beratung anzubieten. Das war besonders dann wichtig, wenn Sprachkenntnisse fehlten und komplizierte Behördenschreiben verstanden werden mussten. Dafür waren bereits Mitte März Trennscheiben angeschafft und die Beratungsräume Hygienegerecht umgestaltet worden. Besonders die Corona bedingten Zugangshürden bei Behörden hatten seine Klienten oft in eine verzweifelte Situation gebracht. Aber auch Gruppenangebote fehlen, was nicht selten dazu führe, dass das erworbenen Sprachkenntnisse wieder verloren gehen, berichtete Sambou.
Kontakt und Informationen: Das Diakonische Werk Odenwald (DWO) ist Teil der Diakonie Hessen mit Sitz in Frankfurt. In Michelstadt angesiedelt ist das DWO Träger psychosozialer Beratungs- und Betreuungsangebote und der soziale Dienst der evangelischen Kirche für den Odenwaldkreis. Die Angebote sind offen für alle Ratsuchenden, unabhängig von Nationalität, Religion oder sozialem Status. Mehr infos unter www.diakonie-odenwald.de, Termine können unter Telefon 0606196500 oder E-Mail mail@dw-odw.de vereinbart werden. Der Vorstandsvorsitzende Carsten Tag ist verantwortlich für den Landesverband der Diakonie Hessen mit 466 Mitgliedseinrichtungen und 17 regionalen Diakonischen
Werken.
Im Gespräch (v.l.n.r.): Natalia Schitz (stellv.Leitung), Aristide Sambou (Migrationsfachdienste), Heike Eutemüller (Bereichsleitung Betreutes Wohnen) , Ulrike Werner-Paulus (von hinten, ebenfalls Bereichsleitung Betreutes Wohnen), Vorstandsvorsitzender Pfarrer Carsten Tag, Bärbel Simon (Leitung).
Das Foto wurde von Lisa Matthia de Luca (DWO) aufgenommen und ist für die Veröffentlichung frei gegeben.