Dass auch in Zukunft der Odenwald eine lebendige Region zu bleiben scheint, zeichnet sich unter anderem in der Schwangerenberatungsstelle des Diakonischen Werkes ab.
2014 suchten dort über 200 schwangere Frauen und Paare Rat und Unterstützung. In der Vorbereitung auf die Geburt und das Leben mit dem Baby stellen sich viele Fragen ein, die über das Angebot der Schwangerenberatung in einem Guss geklärt werden können. Welche Hilfen es während der Schwangerschaft gibt, wie man am besten an eine Hebamme kommt, welche Anträge zu stellen sind und wie die rechtlichen Bestimmungen zum Mutterschutz sind, lässt sich in der Beratung ebenso besprechen, wie die Frage, wer wie lange Elternzeit nehmen möchte oder ob es sinnvoll ist, mit dem Vater des Kindes zusammen zu ziehen. Auch die Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen gehört zum Service.
Der Jahresbericht gibt Aufschluss über den Beratungsalltag:
Über 80% der Ratsuchenden kamen wegen finanzieller Sorgen in die Beratung. Viele werdende Eltern sind von Armut bedroht und können sich nicht ausreichend von Arbeitseinkommen ernähren.
Zusätzlich wurde in den Gesprächen deutlich, dass sich viele Klientinnen die Kosten für Verhütung nicht leisten können. Vor allem Langzeitkontrazeptiva wie die Spirale oder das Implantat sowie eine Sterilisation sind von ALG II- Bezieherinnen nicht finanzierbar.
Bei einigen neu zugewanderten Frauen aus Osteuropa war auffällig, dass viele in sehr prekären Verhältnissen leben und wenig über das hiesige Hilfesystem wissen. Besonders problematisch ist die Wohnsituation, bei der offenbar viele Vermieter die Notlagen ausnutzen und kleine Wohnungen viel zu teuer zimmerweise und ohne Mietvertrag vermieten, so dass Schwangerschaften mit hoher Gesundheitsgefährdung einhergehen und das oft ohne Krankenversicherungsschutz.
Insgesamt auffällig ist, dass der Beratungsbedarf der Ratsuchenden immer komplexer wird und die Anzahl der Beratungen pro Frau/ Familie steigt.
23 Familien suchten Hilfe im Zusammenhang mit postpartalen Krisen, dem sogenannten „Babyblues“ und länger anhaltenden Depressionen nach einer Geburt. Hier sind Beratungsbedarf und -häufigkeit deutlich höher als bei den übrigen Schwangerenberatungen.
Neben der allgemeinen Schwangerenberatung berät das Diakonische Werk auch in Krisen und im Schwangerschaftskonflikt. Die für einen Schwangerschaftsabbruch erforderliche Beratungsbescheinigung wird ausgestellt, wenn die Frau das wünscht. Die angegebenen Gründe für den Schwangerschaftskonflikt bezogen sich zu fast 80% auf wirtschaftliche Sorgen, genauso wie die Sorge um die berufliche Laufbahn. Ein Drittel der Frauen hatte Sorge um die eigene körperliche Gesundheit, während ein Viertel die Familienplanung eigentlich bereits abgeschlossen hatte. In der überwiegenden Zahl der Beratungen wurde das Thema Familienplanung angesprochen.
Auch das neue Gesetz zur Vertraulichen Geburt wirkt sich auf die Arbeit in der Beratungsstelle aus: die Beraterinnen sind qualifiziert, und Frauen, die wegen einer Schwangerschaft in Not sind, können über den Prozess einer Vertraulichen Geburt begleitet und beraten werden. Dadurch ist es bei Bedarf möglich, dass die Anonymität der Mutter und gleichzeitig eine medizinisch sichere Geburt gewährleistet sind.
Damit Jugendliche möglichst gut informiert und verantwortungsbewusst in die Phase sexueller Aktivität starten, bietet das Diakonische Werk verschiedene sexualpädagogische Projekte an, die i.d.R. über Schulen und Jugendeinrichtungen nachgefragt werden.
Mit 93 Veranstaltungen, darunter 9 mehrmodulare Babyprojekte und 5 Grundschulprojekte gab es einen hohen Bedarf. Die Angebote fanden an 12 verschiedenen Schulen statt. Darüber hinaus gab es Aktionen zum Welt-Aids-Tag und 3 Fachtage für MultiplikatorInnen.
Kontaktdaten und mehr Infos zur Schwangerenberatungsstelle: https://www.diakonie-odenwald.de/beratung/schwangerschaft/
Dipl. Sozialpädagogin und Schwangerenberaterin Anja Scheibel (stehend) und die Leiterin des Diakonischen Werks Odenwald, Bärbel Simon bei der Präsentation des Jahresberichtes der Schwangerenberatungsstelle